Finding Pathways to Temahahoi erforscht die mündlich überlieferte Geschichte der taiwanesischen indigenen Atayal über den Ort Temahahoi. Die Multimedia-Installation (Video, Performance, Cyberspace) befasst sich mit Ciwas’ persönlicher Suche nach diesem mythischen Ort. In Ciwas’ Werk erzählt Temahahoi von einem Ort tief im Wald, an dem nur Frauen und nicht-binäre Menschen leben. Die Gemeinschaft gedeiht, indem sie mit Bienen kommuniziert und vom Wind befruchtet wird.
Die Geschichte von Temahahoi öffnet in Ciwas’ Arbeit einen queeren Raum für nachhaltige Beziehungen innerhalb von Gemeinschaften und mit dem Land. In einem Klima der Entfremdung und Vertreibung setzt die Arbeit auf die Verbindung zwischen stillen queeren Körpern und Umweltthemen.
Teile der Installation:
Die Zweikanal-Videoarbeit Perhaps She Comes From/To____Alang verwebt drei unterschiedliche Erzählungen miteinander. Die erste mündlich überlieferte Geschichte erzählt von der Beziehung zwischen Bienen und Land am Ort Temahahoi. Diese Geschichte wird mit einer zweiten Erzählung über Ciwas’ persönlichen Weg des Queer-seins verknüpft. Eine dritte historische Erzählung berichtet, wie von der japanischen Kolonialmacht geschenkte Messinggefässe bei den taiwanesischen indigenen Atayal Unfruchtbarkeit verursachten.
My land, glitched me ist ein Online-Raum. Er greift Ciwas’ Wunsch auf, sich zu verorten und sich mit deren angestammten Land zu verbinden. Er erweitert kulturelles Wissen und queere Verbindungen über den Boden hinaus in die Cloud. Er ist zu finden unter https://raxal-mu.glitch.me (raxal mu – mein Land) und über die QR Codes auf den Glasscheiben.
Pswagi Temahahoi zeichnet Ciwas’ Suche nach Temahahoi nach. Die Arbeit kombiniert verschiedene Quellen dokumentarischer Videoarbeit mit Keramik-Instrumenten. In der Atayal-Sprache steht “P” für die Zukunftsform, “S” bezeichnet im Satz ein materielles oder immaterielles Werkzeug, und “wagi” bedeutet in einigen Atayal-Regionen Taiwans “Sonne” oder “Schwestern”. Ein dokumentarischer Strang folgt dem taiwanesischen indigenen Atayal-Ältesten Yumin, der das indigene Wissen über Sonnenlicht und Schatten “pswagi” nutzt, um die Standorte von Wildbienen aufzuspüren. Ein weiterer Strang dokumentiert eine Performance mit einem selbstgebauten Keramik Instrument. Diese Okarina wird als Wegweiser zum queeren Raum von Temahahoi benutzt. Durch gemeinsame intime Momente der Klangerzeugung und Atmung wird eine Verbindung zu Temahahoi hergestellt, die über das Physische hinausgeht.
Anchi Lin (Ciwas Tahos) ist Künstler*in für Neue Medien und Performance mit Atayal/ Itaṟal und taiwanesischer Hō-ló-Abstammung. Dey ist in Taipeh, Taiwan, aufgewachsen und ansässig. Ciwas’ körperzentrierte Praxis verwebt Aspekte der indigenen Atayal-Weltanschauung, Performance, Bewegtbild, Cyberspace, Keramik und kinetische Installation, um einen selbstbestimmten queeren Raum zu behaupten. Ciwas’ Arbeit erkundet kulturelle und geschlechtliche Identität. Dey setzt deren Körper als Medium ein, um Erfahrungen sprachlicher und kultureller Vertreibung nachzuvollziehen und nach neuen queeren Formen des Verständnisses jenseits des hetero-patriarchalen Status quo zu suchen.
Nach einem BFA in Bildender Kunst an der Simon Fraser University (Kanada) absolviert dey derzeit einen MFA in Neuer Medienkunst an der Taipei National University of the Arts (Taiwan). Ciwas hat in verschiedenen Ländern ausgestellt, präsentiert und performt, darunter auch kürzlich in Vietnam für Ba-Bau AIR, das Portland Institute For Contemporary Art, USA und das Kyoto Art Centre in Japan. Kürzlich wurde Ciwas mit dem halbjährlichen Preis des Pulima Art Award ausgezeichnet und vertrat Taiwan in Australien als Eröffnungskünstler*in für die Australien-Taiwan-Freundschaftsjahr-Kunstaustauschpartnerschaft für 2023. Ciwas hat Arbeiten auf der Documenta 15 in Deutschland und Indonesien 2022, auf dem Ars Electronica Festival 2023 in Österreich sowie auf der Taiwan Austronesian Art Trienniale in Taiwan gezeigt und ausgestellt. Ausserdem war dey 2023 bereits zum zweiten mal Gastkurator*in und Leitung des ADAM Artist Lab für das Taipei Performing Art Centre.