Teil von ProtoZone18: Unfamiliar Evermore, 14.03.2025-11.05.2025
Hi-Intensity: Performance mit Gregor Kulla, 14.03.2025, 20h
Lo-Intensity: Video-Screening von “Old Piano”, 16.03.-11.05.2025
„Old Piano“ (2024) ist ein gemeinschaftliches Kunstprojekt, das aus der kreativen Partner*innenschaft zweier langjähriger Freundinnen, Kris Lemsalu und Johanna Ulfsak, entstanden ist. Das Projekt ist eine Erkundung darüber, woher die eigenen Ideen stammen, ein schwer fassbares Gebiet, über das schon lange nachgedacht wird.
Ulfsak fungiert sowohl als Kamerafrau als auch als Regisseurin und dokumentiert Kris Lemsalu, eine Künstlerin, die für ihre surrealen Skulpturen und eklektischen visuellen Ansätze bekannt ist. Die Dokumentation findet im Laufe des Jahres 2023 an verschiedenen Orten wie Tallinn, New York, Vilnius, Bukarest und Mexiko-Stadt statt. Ulfsak schöpft aus ihrem Hintergrund als Textilkünstlerin und verleiht dem Projekt eine frische filmische Sprache. Spielerische Experimente, komplexe Verflechtungen und rhythmische Resonanz – Ulfsaks Stil führt zu einem Video, das sich einer einfachen Kategorisierung entzieht. Das Projekt vereint verschiedene stilistische und thematische Elemente aus Film, Dokumentation, Mockumentary und Musikvideo und entfaltet sich als eine reichhaltige Erkundung, die die Zuschauer*innen dazu einlädt, über das Wesen der Intuition nachzudenken.
Im Mittelpunkt der Videoerzählung steht Lemsalus Alter Ego, die Superheldin und Beschützerin der Privatsphäre, Donatella Privada. Privadas Reise beginnt vor dem Hintergrund eines Plattenbaus am Rande einer osteuropäischen Hauptstadt. Durch eine Reihe surrealer und introspektiver Begegnungen nimmt Privada verschiedene Rollen an – vom Springbrunnen bis zur stillen Beobachterin – und dient schließlich als Bindeglied zwischen unterschiedlichen Welten, dem Alltäglichen und dem Poetischen.
In seinem visuellen und auditiven Geflecht versucht der Film, die Essenz der künstlerischen Genese einzufangen und geht der grundlegenden Frage nach, wo die Inspiration zu finden ist. Unter der Leitung eines vielfältigen Ensembles von Mitwirkenden – darunter Musiker*innen, Künstler*innen und Freund*innen – entfaltet sich jede spontane Interaktion als einzigartige Episode, die in roher Authentizität eingefangen wird. Die audiovisuellen Elemente werden mit einer Reihe von Aufnahmegeräten produziert, die von Smartphones über 8-mm-Kameras bis hin zu einer GoPro reichen.
Der Titel „Old Piano“ ist eine Hommage an eine vergangene Ära. Inmitten der Stille einer vordigitalen Welt stand ein alterndes Klavier als stiller Wächter, geschmückt mit einem Deckchen. Ist es sentimental, ironisch oder etwas ganz anderes?
„Old Piano“ enthält Beiträge einer Reihe talentierter Personen – darunter die Musiker*innen Florian Wahl, Kyp Malone und Lizzy Bougatsos, die Künstlerin Edith Karlson, Duke Riley und die Performancekünstlerin Maria Metsalu – und der von Gregor Kulla komponierte Soundtrack des Projekts verleiht dem alten Klavier eine Stimme.
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Kris Lemsalu
Kris Lemsalu (geb. 1985) ist eine in New York und Tallinn lebende Künstlerin. Sie studierte an der Estnischen Kunstakademie in Tallinn, an der Dänischen Designschule in Kopenhagen und an der Akademie der Bildenden Künste in Wien.
Nach ihrem Keramik-Studium experimentiert Lemsalu oft mit traditionellen Techniken, um vielschichtige Werke zu schaffen. Ihre inszenierten Installationen kombinieren filigrane Porzellanskulpturen, die als tierische und menschliche Körperteile oder Kleidungsstücke gegossen wurden, mit gefundenen Naturmaterialien wie Fell, Leder oder Wolle. Diese können als eigenständige Erzählungen oder alternativ als Bühne für Lemsalus Performances dienen, wobei die Skulpturen manchmal Teil ihrer Kostüme und Requisiten werden. Für ihre jüngsten Arbeiten arbeitete die Künstlerin mit Musiker*innen zusammen und fügte so ihren Performances ein weiteres Element hinzu („Going, going“, mit Kyp Malone, kuratiert von Esa Nickle und Maaike Gouwenberg, Performa 17 Biennial, New York; und eine Performance mit Glasser, DRAF Performance Night, KOKO, London, beide 2017).
Zu Lemsalus jüngsten Ausstellungen gehören „On the Absurd Drama That is Also Life“, Moderna Museet (2024), Stockholm, Schweden, „Holly Hell Ooo“, Magazin 4, Bregenz, Österreich (2024); „One foot in gravy“, Margot Samel, New York (2024); „Chará“, Belvedere 21, Museum für zeitgenössische Kunst, Wien, Österreich (2024); „Donatella“, Tartu Art Museum, Tartu, Estland (2024); „Rinky Dink Babe“, Kendall Koppe, Glasgow, Großbritannien (2022); „Angels Gone Pissing“, Temnikova & Kasela Gallery, Tallinn (2022), Wien; „Peace @ 295 Church Street“, Margot Samel Gallery, New York (2022); „Love Stories“, Meyer Kainer, Wien (2022); „A Snail’s Tale“ mit Kyp Malone, High Line Art, New York (2021); „It’s a Family Affair“ mit Kyp Malone, Hunt Kastner, Prag (2021); „Going Going“ mit Kyp Malone, Den Frie, Kopenhagen (2020); „Love Song Sing-Along“, mit Kyp Malone, KW Institute for Contemporary Art, Berlin (2020); Estnischer Pavillon, 58. Biennale von Venedig (2019); „Keys Open Doors“, Secession, Wien (2018); „4LIFE“, Goldsmiths Centre for Contemporary Art, London ( 2018); „There and Back Again“, Gruppenausstellung, kuratiert von Kati Kivinen und Saara Hacklin, Kiasma, Helsinki (2018); ‚The Wild Ones‘, Koppe Astner, Glasgow (2017–2018); ‚Steps to Aeration‘, Gruppenausstellung, kuratiert von Sarah McCrory, Tanya Leighton, Berlin; CONDO London, mit Josh Faught, Koppe Astner bei Sadie Coles (2017); „The Hierophant“, Gruppenausstellung, kuratiert von Aaron Moulton, Galeria Nicodim, Bukarest (2017); „Metamorphosis“, Gruppenausstellung, kuratiert von Zdenek Felix, KAI 10 / Arthena Foundation, Düsseldorf, Galerie Guido W. Baudach, Berlin, und Galerie SVIT, Prag (2017); „Aftermieter“, Gruppenausstellung, kuratiert von Veit Loers, Haus Mödrath – Räume für Kunst, Kerpen (2017); ‚Afternoon Tear Drinker‘, kuratiert von Hemma Schmutz, Kunstraum Lakeside, Klagenfurt (2016); ‚Beauty and the Beast‘, mit Tiit Pääsuke, kuratiert von Tamara Luuk, Kunsthalle Tallinn, Tallinn (2016).
Gregor Kulla
Gregor Kulla ist ein*e in Põlva, Estland, geborene*r Komponist*in, Performancekünstler*in, Schriftsteller*in und Kritiker*in. Dey hat ein Kompositionsstudium abgeschlossen an der Estnischen Akademie für Musik und Theater (cum laude) sowie Oboe und Komposition an der Heino-Eller-Musikschule. Dey studierte nachhaltige Kunstgestaltung an der EU School of Participation 2021 in Novi Sad, Serbien, und wurde von mehreren renommierten Komponist*innen ausgebildet, darunter Chaya Czernowin (USA/Israel), Federico Favali (Italien) und Slavomir Horinka (Tschechische Republik).
Kulla erhielt 2020 den Ehrentitel „Tartu Noor Kultuurikandja“ und wurde 2021 Preisträger*in der Kulturzeitung Sirp. Dey ist Preisträger*in des jährlichen Preises des Literaturmagazins Värske Rõhk, des Esimese Sammu-Literaturpreises, des Stipendiums der Erkki-Sven Tüür-Stiftung und erhielt 2024 den Betti-Alver-Literaturpreis. Seit 2021 ist dey kreative*r Produzent*in und stellvertretende*r künstlerische*r Leiter*in des internationalen Festivals für zeitgenössische Musik Afekt und unterrichtete 2023 an der Kulturakademie der Universität Tartu Viljandi. Gregor Kulla ist Moderator*in der IDA-Radiosendung „(new) music w/ kulla“
Deren Arbeit befasst sich mit Gender Studies, Feminismus, Minderheiten- und Queer-Kulturen, Drag-Kultur und östlichen Philosophien. Die Arbeit wird als etwas scheinbar Unveränderliches wahrgenommen, das sich nur durch ständige Veränderung bewahrt. Kullas Werk „brook“ (2023) wurde von Simon Cummings wie folgt beschrieben: „Nichts war still: kleine Klopfen, Triller und Tremolos, mit gelegentlichen Plunks, die in diesem verfeinerten Kontext fast wie grosse Felsbrocken klingen, die vom Himmel fallen, und dabei die Frage aufwerfen, wie zerbrechlich diese Welt tatsächlich ist. […] Zu keinem Zeitpunkt durchbricht Kulla den Zauber, von Anfang bis Ende tauchen wir in pure Magie ein.“
Johanna Ulfsak
Johanna Ulfsak (geb. 1987, EE) ist eine Textilkünstlerin und Designerin aus Tallinn, Estland. Sie hat einen Master-Abschluss in Textildesign von der Kolding School of Design in Dänemark. Sie setzte ihr Studium in Japan fort und besuchte die Kawashima Textile School. Von Kawashima erwarb Ulfsak die Fähigkeiten des Kasuri-Webens und verschiedener alter Pflanzenfärbetechniken. Nach ihrem Studium sammelte sie Berufserfahrung bei mehreren Mode- und Textilunternehmen in der Schweiz, Deutschland und Estland.
Sie arbeitet hauptsächlich mit langsamen und traditionellen Methoden wie Handweberei, Holzschnitzerei und Textilmalerei und konzentriert sich in ihrer Arbeit auf Zeit- und Materialhierarchien. Ulfsak kombiniert und mischt traditionelle Webtechniken mit zeitgenössischen Kunstkonzepten, um einzigartige Objekte und Installationen zu schaffen, die die etablierten Grenzen zwischen den Disziplinen in Frage stellen.
Ulfsaks Arbeiten wurden unter anderem gezeigt in der Draakon Gallery, Tallinn (2024), der Margot Samel Gallery, New York (2024), dem Tartu Art Museum (2024), dem Estnischen Museum für Angewandte Kunst und Design (2022), der Kunsthalle Tallinn! s Lasnamäe Pavilion (2022); Teilnahme an der kuratierten Sektion der Collectible Design Fair, Brüssel (2022); Künstleraustausch in Zusammenarbeit mit Kärt Ojavee, Cotton Factory, Hamilton, Kanada (2022); Galerie Meyer Kainer, Wien (2020); Artishok Biennale (2020); und Espoo Museum of Modern Art (2019)
Seit 2025 ist sie Preisträgerin des ehrenvollen Künstler*innengehalts, das vom Kulturministerium der Republik Estland vergeben wird. Seit 2020 ist sie Gastdozentin an der Estnischen Kunstakademie.
Ulfsaks’ Werke sind Teil der öffentlichen Sammlung des Estnischen Museums für Angewandte Kunst und Design. Sie ist Mitglied des Estnischen Künstler*innenverbandes und des Estnischen Textilkünstler*innenverbandes.