Teil von ProtoZone17: Stories of those left behind, 15.11.2024-12.01.2025
Edgelands
“Edgelands” spricht die Ränder, das Dezentralisierte und Unscharfe an und verzichtet auf den Versuch einer Strategie der Wertgenerierung, mit der eine Refokussierung stattfinden, mit der es ins Zentrum gerückt würde. Um dies zu verdeutlichen, geht die Arbeit von der geografischen Phänomenologie der ‘Badlands’ aus, die durch steile Hänge, minimale Vegetation und das Fehlen eines substanziellen Nachwachsens gekennzeichnet sind. Diese nicht verfestigten Sedimente erschweren den Zugang, die Erschliessung und Befahren der ‘Badlands’. Dieses „schlechte“ oder erodierte Land bildet einen Ort, den wir nicht zähmen, regulieren oder sanieren können. ‘Badlands’ bietet “Edgelands” einen physischen, poetischen, ökologischen und phänomenologischen Ort, um über Alter und Altern, Müll und Verlassenheit als ein Plateau für Spekulationen über das Problem des Fortschritts nachzudenken.
Diese Arbeit beherbergt eine Politik der Ruinierung, die sich aus der Nähe zwischen Ruinophilie (Lust auf Ruinen) und Ruinophobie (Angst vor Ruinen) ergibt. Indem wir die Binarität von Lust und Angst erweitern, betrachten wir die Vorstellung von Fäulnis und Verfall als etwas, das den Architekturen selbst innewohnt, und nicht als das Bemühen, die Spuren der Witterungseinflüsse zu erneuern oder zu überdecken. Fäulnis ist ein Prozess, der Sterblichkeit, Verwundbarkeit und die Unausweichlichkeit des Todes zur Sprache bringt.
Durch einen komplexen Apparat abgenutzter und verwitterter Materialien werden unkontrollierbare Prozesse trotz fehlender Nutzung oder Nützlichkeit fortgesetzt. Baugerüste beherbergen eine Poesie des architektonischen Übergangs, während körpergroße Vitrinen gescheiterte Konservierungsversuche kuratieren, bei denen der Prozess der Verrottung andere Dinge vergrößert, die in diesem Raum wachsen. Wie eine feuchte Ecke oder Kondenswasser, das sich auf zerbrochenem Glas bildet, suggeriert dieser Verfall verschiedene Zustände des Verlassenseins. Sie beziehen Prozesse des ‘Rewilding’ mit ein und laden zu diesen ein. Die Performer*innen bieten eine nuancierte Artikulation dessen, wie eine Ökologie der Beziehungengedeihen kann, jenseits utopischer Vorstellungen von Fortschritt und trotz dystopischer Tendenzen zur totalen Zerstörung.
Als Ort am Abgrund des Zusammenbruchs und des Übergangs erotisiert die Arbeit Architekturen, die den Verfall und das Altern inmitten und auf dem Weg durch dieses verfallene Terrain umarmen. Ein instabiles Territorium mit dem Versprechen von Kollisionen, die dem Fortschritt in die Quere kommen, und zwar durch ein gemeinschaftliches Abgleiten, bei dem die Dinge in unterschiedlichen Prozessen zusammenstürzen.
Konzept: Jen Rosenblit und Simone Aughterlony
Performer*innen: Bast Hippocrate, Mélissa Guex, Ondrej Vidlar
Spekulativer Architekt: Li Tavor
Lichtdesign: Joseph Wegmann
Technische Leitung: Jan Olieslagers
Produktion: Umar Hallawi
Klangkomposition: Simon Grab
Simone Aughterlony ist ein*e unabhängige*r Künstler*in, die*der in Berlin und Zürich lebt und vor allem in den Bereichen Tanz, Performance und visuelle Kunst arbeitet. Simones Werke setzen sich spielerisch mit Repräsentation und ihrer Sättigung auseinander, wobei sie in die Phänomenologie der Verkennung und des Absurden eindringen und diese umarmen. Aughterlony betrachtet das Kunstschaffen als eine weltbildende Praxis, in der dey den Widerspruch zwischen der Beherrschung des Begehrens und der Handlungsfähigkeit aller Elemente auslotet. Als Performer*in hat dey unter anderem mit Künstler*innen wie Meg Stuart/Damaged Goods und Forced Entertainment zusammengearbeitet. In den letzten Jahren waren die Arbeiten “Biofiction”, “Uni * Form” (gemeinsam mit dem Filmemacher Jorge León) und das Gemeinschaftsprojekt “Everything Fits In The Room” mit der Künstler*in Jen Rosenblit, ein Auftragswerk des HAU Hebbel am Ufer und des Hauses der Kulturen der Welt, auf großer Tournee. Simone hat in den Jahren 2006 bis 2020 die KFV-Förderung – eine kooperative Förderung von Stadt und Kanton Zürich – sowie die Pro Helvetia – Schweizer Kulturstiftung erhalten. Im Jahr 2020 gründete dey zusammen mit Marc Streit ‘Imbricated Real’, eine unabhängige Struktur für zeitgenössische Kunstpraxis.
Jen Rosenblit lebt und arbeitet in New York City und Berlin. In ihren Performances, die sich mit Architekturen, Körpern und Ideen befassen, geht es um Probleme, die im Rahmen von Agenden der Zusammengehörigkeit entstehen. Rosenblits Arbeiten neigen zum Unheimlichen und zur Aufrechterhaltung von Fürsorge und suchen nach Wegen des Zusammenseins inmitten unmöglicher Räume. Der Forschungsprozess verfolgt eher das Tangentiale als das Lineare und sucht nach der Bedeutung, die zwischen den Dingen entsteht. Rosenblit hat mit Künstler*innen wie Simone Aughterlony, Miguel Gutierrez, A.K. Burns und Philipp Gehmacher zusammengearbeitet. Rosenblit ist 2018 Guggenheim Fellow, 2018 Atelier Mondial Artist-in-Residence in Basel, Schweiz, 2015-16 Movement Research Artist-in-Residence, 2016 Empfänger des MAP Fund, 2014-2015 Workspace Artist des Lower Manhattan Cultural Council, 2014 Empfänger*in des New York Dance and Performance “Bessie” Award, 2013 Fellow der Insel Hombroich (Nuese, Deutschland) und 2012 Empfänger*in des Grant to Artists der Foundation for Contemporary Arts.
Produktion: Imbricated Real
Unterstützt durch die Fachstelle Kanton Zürich Gruppen Förderung & die Stadt Zürich Fachkommission Tanz und Theater