Agenda

05.09 - 28.09.2025

ProtoZone20 (finale ProtoZone des aktuellen Kuratoriums)

- Programm tba. Kuratiert von Lucie Tuma, Michelangelo Miccolis, Phila Bergmann & Thea Reifler, kuratorische Assistenz Vanessa Bosch

Su Yu Hsin

Sunless Circuit (2024)

 

Sunless Circuit befasst sich mit den komplizierten und oft übersehenen Aspekten der Halbleiterherstellung und ihren weitreichenden sozialen Auswirkungen. Durch die Verknüpfung von Arbeits- und Materialbewusstsein plädiert Sus Arbeit für ein ganzheitlicheres Verständnis der technologischen Produktion, das auch extraktive Praktiken und die sozioökonomischen Bedingungen der Arbeiter*innen einschliesst.

 

Die Installation zeigt ein abstraktes Fliessband, auf dem künstliche polykristalline Siliziumbrocken platziert sind – hochreine Materialien, die in der Natur nicht vorkommen, sondern im Wesentlichen durch Ressourcen-intensive menschliche Eingriffe hergestellt werden. Das Fliessband besteht aus drei Aluminiumplatten, die in einer sechseckigen Formation von der Decke hängen. Diese Siliziumbrocken, die auf dem Fliessband platziert sind, dienen als materielle Erinnerung an die körperliche Arbeit und die Ressourcen, die der modernen Technologie zugrunde liegen.

 

Die Arbeit erhält zusätzliche Bedeutung in der heutigen geopolitischen Landschaft, in der Silizium und andere kritische Mineralien wie Gallium und Germanium für die Halbleiterherstellung zu strategischen Vermögenswerten geworden sind. Da die Versorgungskette für kritische Mineralien zunehmend politisiert wird, verwandeln sich diese Materialien in Hebelpunkte, die sich direkt auf nationale Sicherheitsinteressen und Verteidigungsfähigkeiten auswirken. Sunless Circuit ist somit nicht nur ein Kommentar zu unsichtbarer Arbeit, sondern auch eine Materialisierung der scheinbar abstrakten technologischen Komponenten, die in den globalen Verästelungen eines neuen Kalten Krieges existieren.

 

 

Particular waters (2023)

 

Die international gefragten Halbleiter benötigen für ihre Herstellung Tonnen von Wasser. Aber woher kommt das Wasser? Der Film Particular waters (2023) folgt einer ehemaligen Mitarbeiterin der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company, die als LKW-Fahrerin Wasser aus einem örtlichen Fluss zur Fabrik transportieren soll – bis sie ihre Meinung ändert.

 

Taipei Biennale 2023 schreibt über dieses Werk:

Die Filminstallation Particular Waters (2023) von Su Yu Hsin befasst sich mit dem Wassernetz in Hsinchu, dem Sitz des weltweit gefragtesten Chipherstellers, der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC). Das Ultrapräzisionsverfahren von TSMC, bei dem Mikrochips mit Licht „gedruckt“ werden, hat der gesamten Menschheit ein schwindelerregendes technologisches Wachstum ermöglicht und dient gleichzeitig als strategisches „Siliziumschild“, das Taiwans Wohlstand sichert und existenzielle Bedrohungen abwehrt.

 

Vielleicht kontraintuitiv, schlägt Su Yu Hsin ein materielles Bewusstsein dafür vor, was der Erfolg von TSMC in den globalen Bereichen der globalen Lieferketten und der Geopolitik für die Menschen und die Ökologie von Hsinchu selbst bedeutet. Die Chipherstellung verbraucht enorme Mengen an Wasser. Woher kommt dieses Wasser? Wer erhält Zugang dazu und zu welchen Bedingungen? Angesichts der Tatsache, dass das Wachstum von TSMC in den letzten Jahrzehnten viel vorhersehbarer war als die Niederschläge in Taiwan, stellt sich die Frage nach den ökologischen Folgen des industriellen Überflusses und der Wasserentnahme. Particular Waters geht diesen Fragen mit Hilfe von Erzählungen nach und rekonstruiert die Dürre in Hsinchu im Jahr 2021 aus der Perspektive einer Wassertruck-Fahrerin.

 

Die Installation umfasst „Dummy-Wafer“ – die zum Testen von Maschinen in der Halbleiterproduktion verwendet werden -, deren Silikonoberflächen mit Bildern der Meeresoberfläche bedruckt wurden, die von Radiowellen des ersten Satelliten zur Meeresbeobachtung, Seasat, aufgenommen wurden. Particular Waters zoomt von den abstrakten Maßstäben der politischen Ökonomie zu einer intimen Örtlichkeit und zieht uns dann wieder zurück zu einem makroskopischen Blick auf eine Welt, die vom Wasser beherrscht wird, aber auch eine, die von Satelliten lesbar gemacht wird, die wahrscheinlich TSMC-Mikrochips verwenden.

 

 

15.06. 14:15 – Water: A Geoarchive (Live-Research)

 

Aufbauend auf ihrer laufenden Forschung zu Wasser: A Geoarchive, freut sich Su Yu Hsin, ein Projekt zu präsentieren, das sich mit der Schnittstelle zwischen Shedhalle und dem Zürichsee befasst. Die ortsspezifische Untersuchung befasst sich mit der Umweltgeschichte von Shedhalle und nutzt die polyphone Neuinterpretation von Wasser als Medium. Durch Querverweise auf die historische Kartografie der Shedhalle und klangliche Interventionen ist die Vermessungsarbeit ein Akt der Aufzeichnung der räumlichen und materiellen Dimensionen der industriellen Eingriffe in die Wasserkörper. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht die Frage, wie das Wasser selbst die künstliche Auffüllung des Geländes kommuniziert.

 

Das plätschernde, sickernde und erodierende Wasser hinterlässt seine Spuren und trägt die Erinnerung an den Ort, an dem es einst floss, und an das, was es einst berührte. Su Yu Hsins forschungsbasierte Arbeit zeichnet sich durch ortsspezifische Untersuchungen verschiedener Gewässer aus, vom Akaike River in Taipeh über den Liwu River in Hualian bis zum Salt River in Phoenix.

 

Diese Projekte entwickeln kontextuelle Erzählungen aus der Perspektive des Flusses und erforschen seine umfassenden ökologischen und relationalen Netzwerke. Ihre künstlerische Recherchearbeit untersucht die Unterdrückung von Wasserwegen in urbanen Landschaften und kolonialen kartografischen Praktiken, wie in water sleep II Akaike River under Xizhang Road (2019).

 

Durch die Hinterfragung der formatierenden skalaren Beziehungen zwischen Feld, Labor und Datenbank reflektiert frame of reference I & II (2020) das Zusammenspiel zwischen Technologie und Beobachtungsnetzwerken entlang des Flusses, wo menschliche und nicht-menschliche Elemente zusammenkommen. Neuere Arbeiten befassen sich auch mit der Komplexität von Wasserknappheit und dem materiellen Fußabdruck von Computertechnologien, wie Particular waters (2023) zeigt.

 

Teil von ProtoZone19: Ruptures \ Reliances, 23.05.2025-03.08.2025

 

 

Unterstützt durch Taipei Departmet of Cultural Affairs und ifa – Institut für Auslandsbeziehungen.

 

Su Yu Hsin (geb. 1989) ist eine in Berlin lebende Künstlerin und Filmemacherin. Sie nähert sich der Ökologie unter dem Gesichtspunkt ihrer engen Beziehung mit Technologie. Ihre künstlerische Praxis ist stark forschungsorientiert und beinhaltet Feldarbeit, bei der sie die politischen Ökologien des Wassers untersucht. Ihre Arbeit reflektiert über Technologie und die kritische Infrastruktur, in der das Menschliche und das Nicht-Menschliche zusammenkommen. Ihr analytisches und hydropoetisches Storytelling konzentriert sich auf die Erstellung von Karten, operative Fotografie und die technische Produktion von geografischem Wissen. Ihre Videoinstallationen werden weltweit in Museen und auf internationalen Kunstbiennalen ausgestellt: Bundeskunsthalle Bonn, Centre Pompidou-Metz, Museum für zeitgenössische Kunst Busan, Taipei Biennale 2020 und 2023, ZKM Karlsruhe, UCCA Center for Contemporary Art, unter anderem. Ihre Filme wurden auf dem Kurzfilm Festival Hamburg, EXis, Busan International Video Art Festival, und e-flux.

 
Shedhalle – Su Yu Hsin

Su Yu Hsin, Sunless Circuit, 2024, alexander levy, 2024. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und von alexander levy, Berlin. Foto: Marcus Schneider.

Shedhalle – Su Yu Hsin

Su Yu Hsin, Sunless Circuit, 2024, alexander levy, 2024. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und von alexander levy, Berlin. Foto: Marcus Schneider.

Shedhalle – Su Yu Hsin

Su Yu Hsin, Particular Waters, 2023, dummy wafers, alexander levy, 2024. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und von alexander levy, Berlin. Foto: Marcus Schneider.

Shedhalle – Su Yu Hsin

Su Yu Hsin, Particular Waters, 2023, Film Still, Mountain Algorithm Exhibition, 2024. Kaosiung Museum der Schönen Künste. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und Moss Piglets. Foto: Chien Hao-Chiang.

Shedhalle – Su Yu Hsin

Su Yu Hsin, Particular Waters, 2023, Film Still, Mountain Algorithm Exhibition, 2024. Kaosiung Museum der Schönen Künste. Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und Moss Piglets. Foto: Chien Hao-Chiang.