Agenda

15.11 - 12.01.2025

ProtoZone 17

Denise
Ferreira
da Silva

Elemental Study Room

 

Der Elemental Study Room – ein Ort für Studien des Elementaren, auf elementare Art und Weise und als Studium der Elemente – ist gleichzeitig Einladung und Aufführung einer Art von Aufmerksamkeit gegenüber allem, was existiert (aktuell, potenziell und virtuell) um dies alles in seiner Gänze und auf einmal willkommen zu heissen. Astrologie, Quantenfeldtheorie, Teilchenphysik, Octavia E. Butler, Hortense Spillers, Tarot, Saidiya Hartman, Fred Moten, Stefano Harney, Fred Moten & Stefano Harney, Karen Barad, Dunkle Materie, das Orakel, Reiki – dies ist eine unvollständige Liste derer und dessen, womit ich denke, experimentiere, mich wundere und wandere.

Dieser Elemental Study Room hier versammelt neben Gegenständen aus meiner Praxis auch Bilder, Worte und Objekte, die die Ausstellung, die Shedhalle und jedes einzelne Werk in ihr re/de/komponieren. Als solcher existiert der Raum als eines der Werke und als eins mit den Werken in dieser Ausstellung.

 

Jeder, jede, die am Elemental Study Room vorbeikommt, ist eingeladen, an diesem Ort zu verweilen, sich zu erinnern oder einfach zu versuchen, die gegenwärtige und vergangene Gewalt und die Verletzungen nicht zu vergessen, die diese globale Gesundheitskrise für einige tödlicher macht als für andere. Und währenddessen vielleicht einfach auch die Frage ins Bewusstsein zu rufen, die meine Praxis belebt: Was wäre, wenn es anstelle von Erfahrung und Identität, Existenz und Implikation … wären?

 

Elementar, als eine Beschreibung, haben den Schlüssel zu den Experimenten geliefert beim Re/De/Composing (Bildgebung/Lesen), die zentral für meine künstlerische Praxis sind; sowohl in den Filmarbeiten mit Arjuna Neuman als auch in der Lektürepraxis in Zusammenarbeit mit Valentina Desideri. Als eine Beschreibung dessen, was existiert, verweist das Elementare auf das Was und das Wie, also auf die Tatsache, dass jedes existierende Ding nur eine re/de/composition ist, die als Referent der klassischen Elemente (Wasser, Luft, Feuer, Erde) gelesen werden kann.

 

Studieren bedeutet Praxis; als solche erfordert es das Nehmen von Zeit, das Geben von Zeit und das Machen von Zeit; studieren heißt, die Zeit zurück zu stufen, ihre transzendenten und inneren Züge abzustreifen; studieren ist mit und über zugleich. Studieren heißt, die Zeit zu vergessen, sie zu ignorieren und dabei, wenn auch nur für einen Moment, diesen Moment, Zeit zu beenden.

 

Raum ist der Name, den ich angemessen finde für einen Ort, der zum Beobachten, Experimentieren und Kontemplieren gedacht ist. Studieren als Praxis – und nicht als Pflicht oder Mittel zum Zweck – ist notwendigerweise und hoffnungslos kollaborativ und kollektiv. Es versammelt Bilder (Videos und Fotos), Worte, Klänge und Objekte, die in Experimenten zur Frage der Existenz und der Implikation komponiert wurden.

Elemental Study Room benennt die Komposition dieses Raumes wie auch jedes anderen Ortes, überall, zu jeder Zeit, solange dieses dort/dann Material, Werkzeuge und Techniken versammelt, die ich wegen ihrer Fähigkeit, bei Experimenten zu einer einfachen Frage zu helfen, ausgewählt oder entworfen habe: Was wäre, wenn anstelle von Erfahrung und Identität, Existenz und Implikation die Prämissen für Aussagen über sowie Beschreibungen und Betrachtungen von dem, was geschieht und existiert, fokussieren und leiten würden?

 

Das Universelle als Konzept unterscheidet die Antworten des modernen Denkens auf ontologische und epistemologische Operationen der Begriffe Erfahrung bzw. Identität. Beide stützen die Unterscheidungen, die es erlauben, den Menschen in seiner Besonderheit zu begreifen, und die Unterscheidungen, die das von allem anderen trennen und auch unüberwindbare Trennungen zwischen ihnen herstellen. Existenz und Implikation, insbesondere wenn sie elementar angegangen werden, inspirieren Bilder, Beschreibungen und Vorschläge, die die Werkzeuge und Mechanismen untergraben könnten, durch die das Universelle die unerbittlichen Verletzungen aufrechterhalten hat, die das Staatskapital dem Planeten und allem/jeder*m, was auf ihm existiert, zufügt.

 

Denise Ferreira da Silva (Rio de Janeiro & Vancouver) arbeitet mit Text, Bildern und Klängen. Als Gründungsmitglied von EhChO.org ist sie derzeit Professorin und Direktorin des Social Justice Institute-GRSJ an der University of British Columbia, Vancouver (Kanada) und Professorin für kuratorische Praxis an der Monash University Art, Design & Architecture, Melbourne (Australien). Zu ihren Arbeiten gehören die Filme Serpent Rain (2016), 4Waters (2018) in Zusammenarbeit mit Arjuna Neuman und Poethical Readings and Sensing Salon, in Zusammenarbeit mit Valentina Desideri. Sie ist die Autorin von Toward a Global Idea of Race (2007), a Divida Impagavel (2019) und Unpayable Debt (2020) sowie Mitherausgeberin von Race, Empire, and the Crisis of the Subprime (2013).

Denise Ferreira da Silva
Elemental Study Room
Dokumentation des Zoom Webinar von Denise Ferreira da Silva im Gespräch mit Lucie Tuma, 10.04.21 18:30-20:00 CET

Shedhalle – Denise Ferreira da Silva: Elemental Study Room

Denise Ferreira da Silva
Filmstill aus „Serpent Rain“
von Arjuna Neuman