Please Listen to my Demo
Nunca vas a comprender
A Chamada
Ein alter Tanzteppich bietet drei Körpern Platz. Auf dem Boden sind Spuren vergangener Bewegungen zu sehen, die Körper stehen still. Sie sind aus Eisen, Kupfer und Glas. Die drei Skulpturen sind Idiophone, spielbare perkussive Instrumente, deren Klangkörper selbst den Ton generieren, indem sie in Schwingung versetzt werden. Idiophone verdeutlichen, wie eng die Erzeugung von flüchtigen Klängen an solide Materialität gekoppelt ist. Flüchtigkeit hat immer ein Gefäss. So zeichnen die Formen der drei Skulpturen das Medium von Bewegung und von Klang auf unterschiedlichen sinnlichen Ebenen nach. Sichtbare, hörbare und tastbare Elemente verbinden sich in ‘Please Listen to my Demo’, ‘Nunca vas a comprender’ und ‘A Chamada’ und erinnern uns daran, wie eng aneinander gekoppelt einzelne, oftmals voneinander getrennte Sinne der Wahrnehmung operieren.
Nina Emge ging bei der Arbeit von Recherchen zur Ausbildung eines klassischen musikalischen Kanons aus. Dieser ist eng verbunden mit unterschiedlichen Mechanismen des Ausschlusses. Auch hier stellt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen flüchtiger Bewegung und solider Form, also nach der Archivierung und Wiederholung von Klängen und musikalischen Traditionen. Diese findet klassischerweise durch Notation und Aufbewahrung in Kompositionen statt. Diasporische musikalische Traditionen und kollektive musikalische Praktiken, die nicht durch Komposition festgeschrieben sind, bleiben somit oft ungehört oder gehen vergessen. Eine andere Möglichkeit, dem Flüchtigen eine Stimme zu geben, ist das Instrument selbst und die Art und Weise, wie Klangkörper gebaut werden.
Nina Emges’ Skulpturen schlagen die Erweiterung eines musikalischen Kanons durch andere Arten der Erinnerung an Klänge vor. Dabei dient der perkussive Klangkörper nicht bloss als Instrument zur Wiederholung festgeschriebener, kanonisierter Musik: Die drei perkussiven Körper sind tools (Werkzeuge), die von den Spielenden im Moment der Klangerzeugung jeweils neu interpretiert werden können. Eine Erweiterung des Kanons durch Idiophone bietet längst vergessenen, leisen oder ungeahnten Formen des Spielens und Hörens einen Raum.
als Teil von Protozone12: Syncretic Sites
Nina Emge (*1995, zur Zeit in Zürich) reflektiert in ihrer künstlerischen Praxis über soziale Dimensionen von Klang, Stimme, Stille und Praktiken des Zuhörens. In Emges Praxis ist die Auseinandersetzung rund um Dezentralisierung, geteilte Arbeitsmethoden und Umverteilung präsent. Dies zeigt sich unter anderem in Emge’s Installationen und Zeichnungen, in ihrer Recherche und Archivarbeit sowie in den Entstehungsprozessen ihrer Werke. Emge ist aktives Mitglied der Transnational Sound Initiative.
Emge’s Arbeiten wurden in der Halle für Kunst in Lüneburg, Kunsthalle Zürich, Istituto Svizzero Rom, Frac Bretagne + Centre Culturelle Suisse Paris, Uferhalle Berlin, Kunstverein Braunschweig, Helmhaus Zürich, Haus Konstruktiv Zürich und anderen nationalen und internationalen Ausstellungen gezeigt.
Credits:
Skulptur, die von der Decke hängt:
Please Listen to my Demo
193 x 235 cm / Iron, Copper, Glass
Skulptur, die auf dem Boden steht:
Nunca vas a comprender
175 x 124 cm / Iron, Glass
Skulptur, die an der Wand hängt:
A Chamada
160 x 120 cm / Iron, Glass
Dank an Tanzhaus Zürich für den Tanzteppich